Mobilitätshilfe (Behindertenfahrdienst)
Allgemeines
Bei diesem Thema geht es ausschließlich um Freizeitfahrten.
Menschen ohne Behinderung nutzen bei ihrer Fortbewegung z.B. die öffentlichen Verkehrsmittel. Der öffentliche Personennahverkehr ist eine Aufgabe der grundgesetzlich verankerten Daseinsvorsorge.
Die Finanzierung des örtlichen Nahverkehrs erfolgt zum einen durch den Fahrscheinverkauf. Die Kommunen bezuschussen die Verkehrsmittel im Durchschnitt noch einmal in Höhe des Fahrpreises. Die Gelder kommen haushaltsmäßig aus dem Etat des Ressorts für Wirtschaft und Verkehr.
Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung können derzeit die öffentlichen Verkehrsmittel in der Region Hannover gar nicht oder nur mit Hilfestellung durch eine Begleitperson nutzen. Während das barrierefreie Angebot in der Landeshauptstadt Hannover noch recht gut ist, wird es in der Region, je weiter man in das Umland kommt, immer schlechter.
Um dies auszugleichen gibt es die Mobilitätshilfe, oder auch Behindertenfahrdienst genannt. Die Gelder hierfür kommen haushaltsmäßig aus dem Etat der Sozialhilfe, da der Fahrdienst im Rahmen der Eingliederungshilfe gewährt wird.
Weitere Detailinformationen bekommen Sie hier
Die Anspruchsberechtigten
Region Hannover:
Menschen im Rollstuhl mit einem Schwerbehindertenausweis und dem Merkmal „aG“ oder mit einer ähnlichen, außergewöhnlichen Behinderung, die die öffentlichen Verkehrsmittel nur mit Hilfe nutzen können, haben Anspruch auf die Mobilitätshilfe.
PKW-Besitz ist kein Hinderungsgrund.
Die Leistung ist von dem individuellen Einkommen (§ 85 Sozialgesetzbuch – SGB – XII) und Vermögen (Freigrenze § 90 Abs. 2, Nr. 9 SGB XII) abhängig.
Wer gehört in anderen Städten und Landkreisen zum Personenkreis?
Anspruchsberechtigt sind auch hier oftmals die Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Darüber hinaus zum Teil auch behinderte Menschen mit dem Merkmal >Bl< im Schwerbehindertenausweis. In Einzelfällen erweitert sich der Personenkreis auch auf geistig Behinderte.
Der Betrieb der Fahrdienste nur im Freizeitbereich sowie die Nichtbenutzbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel sind bei fast allen anderen Regelungen auch Grundvoraussetzungen.
Wer allerdings ein eigenes Fahrzeug besitzt, ist fast überall von der Teilnahme ausgeschlossen.
Fazit: Stellt man ausschließlich auf die Behinderung ab, ist der berechtigte Personenkreis in der Region Hannover mit außergewöhnlich Gebehinderten und ähnlichen Behinderungen schon recht umfangreich gefasst. Die Einschränkungen ergeben sich durch die in der Sozialhilfegewährung üblichen Einkommens- und Vermögensprüfungen. Weitere Ausführungen zur Einkommens- und Vermögensabhängigkeit sind in der folgenden Rubrik „Die Leistungen“ zu finden.
Die Leistungen
Region Hannover:
Je nach Schwere Ihrer Behinderung werden die Anspruchsberechtigten in eine von zwei Gruppen eingeteilt: Gruppe I: Die Person ist in der Lage ein Taxi zu benutzen. Gruppe II: Die Person ist auf ein Spezialfahrzeug angewiesen. Die Mobilitätshilfe wird als Geldbetrag an die Berechtigten ausgezahlt. Das jährliche Budget
der Gruppe I beträgt 450 Euro (37,50 € monatlich)
und in der Gruppe II 1.500 Euro (125,- € monatlich).
Kommt der Berechtigte mit seinem Budget nicht aus, hat er die Möglichkeit einen Mehrbedarf zu beantragen. Die Anspruchsberechtigten rechnen direkt mit dem Fahrdienstanbieter ab. Gleichen die obigen Leistungen die Nichtbenutzbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel aus? Nach den obigen Regelungen gibt es ein Geldbudget.
Die Geldbeträge
Menschen ohne Behinderung nutzen den öffentlichen Nahverkehr rein statistisch 0,5 mal pro Tag für Freizeitfahrten. (3,3 Wege pro Tag; 50% der Wege sind Freizeit und Einkaufen; 30% mit ÖPNV; Quelle: Wikipedia).
Wie bereits oben erwähnt, wird die Kostendeckung des Nahverkehrs, vereinfacht ausgedrückt, aus dem Fahrpreis und dem Zuschuss der Region Hannover, der noch einmal dem Fahrpreis entspricht, erreicht. Bei einem Ticketpreis von 2,30 Euro in der Zone 1 und bis zu 3,70 Euro für 3 Zonen, ergeben sich Zuschüsse von 420 bis 675 Euro pro Jahr (0,5 x 365 x Preis).
Betrachtet man es rein von der finanziellen Seite, dann entsprechen 450 Euro in der Gruppe I dem Regionszuschuss für eine Tarifzone, die z.B. im Stadtgebiet von Hannover gilt.
Beim Behindertenfahrdienst muss nun auf ein anderes Verkehrsmittel zurück gegriffen werden. Das kann ein PKW-Taxi, ein Großraumtaxi oder ein „Spezialfahrzeug“ einer Hilfsorganisation wie beispielsweise DRK, ASB, … sein.
Während der Bus nur von Haltestelle zu Haltestelle und nach einem vorgegebenen Fahrplan fährt, sind z.B. Taxen sehr flexibel in den Fahrzeiten und befördern von Tür zu Tür. Diese Leistungen sind daher teurer.
Die Regelungen der Region tragen diesem Umstand in der Weise Rechnung, dass in der Stufe II ein Geldbetrag von 1.500 Euro zur Verfügung steht. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, einen weiteren Mehrbedarf zu beantragen.
Fahrten pro Monat
Der nichtbehinderte Fahrgast macht statistisch gesehen in seiner Freizeit 15 Fahrten im Monat mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Das entspricht 7,5 Terminen.
Außergewöhnlich gebehinderte Menschen mit der Berechtigung zum Fahrdienst:
Beispiel: Laatzen/Zentrum - Herrenhäuser Gärten in Hannover oder
Mandelsloh – in die Kernstadt von Neustadt a.Rbge.
Eine solche Fahrt (ca. 16 km, ca. 20 Min. Fahrzeit) mit einem Taxi kostet zwischen 28 bis 30 Euro.
Im Grundbetrag der Stufe I wäre dies 1 Fahrt.
Im Grundbetrag der Stufe II wären dies 4 Fahrten oder 2 Termine im Monat.
Freizeittermine! Wenn mehr Bedarf im Freizeitbereich vorhanden ist, z.B. für die restlichen 11 bis 14 Fahrten, kann dies jederzeit beantragt werden.
Wird ein „Spezialfahrzeug“ einer Hilfsorganisation wie beispielsweise DRK, ASB, … bestellt, richtet sich der Fahrpreis nach deren Preisgestaltung. Für die gleiche Fahrt im mittleren Preislevel würden die Kosten bei 44,30 Euro (5 km 30 €; 11 km 14,3 €) liegen.
Dies entspricht im Grundbetrag der Stufe II 2,8 Fahrten oder 1,5 Termine im Monat.
Wenn auch hier mehr Bedarf vorhanden ist, kann dies jederzeit beantragt werden.
Fahrten zur Schule, zur Arbeit, zum Arzt, … spielen in diesen Überlegungen keine Rolle. Diese können bei den Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung ggf. noch zusätzlich hinzukommen und werden auf einer anderen Grundlage abgerechnet.
Die Leistungen / Behinderten-Fahrdienste anderer Regionen
z.B. Fahrdienste zum Nulltarif und einkommensunabhängig
Stadt / Kreis
Landkreis Ludwigsburg/ Württemberg
Begrenzung: durch Zuschuss des Kreises und Fahrzeugkapazität;
2 Tage Voranmeldung
Stadt Friedrichshafen/ Bodenseekreis
Begrenzung: 6 Fahrten pro Monat
Stadt Bielefeld
Begrenzung: 12 Fahrten pro Monat
Stadt Wuppertal
Begrenzung: 16 Fahrten pro Jahr; 14 Tage Voranmeldung
Hin- und Rückfahrt sind überall 2 Fahrten. Über Mehrbedarf ist weiter nichts bekannt.
z.B. Fahrdienste mit Eigenbeteiligung, weil Einkommensgrenze überschritten
Stadt / Kreis Preis Begrenzung
Kreis Gütersloh 6 € pro Fahrt 4 Fahrten pro Monat
Stadt Krefeld 3 € pro Fahrt 8 Fahrten pro Monat
Stadt Osnabrück 1,5 € pro Fahrt 12 Fahrten pro Monat
Kreis Storman 1,5 € pro Fahrt 4 Fahrten pro Monat
Rhein-Kreis Neuss 7,5 € pro Fahrt 4 Fahrten pro Monat
Stadt Hamm 3 € pro Fahrt 10 Fahrten pro Monat
Hin- und Rückfahrt sind überall 2 Fahrten.
Fazit:
Es gibt wahrscheinlich kein Angebot, das die behinderten Menschen so oft befördert, wie der Einzelne es wünscht. Es sind auch nur wenige Behindertenfahrdienste in Deutschland bekannt, die einkommensunabhängig die behinderten Menschen befördern.
Wenn auf die Einkommensprüfung verzichtet wird, gibt es irgendeine andere Begrenzung, sei es durch den Haushaltsansatz oder durch die Anzahl der Fahrzeuge.
Die Mobilitätshilfe (Behindertenfahrdienst) in der Region Hannover stellt im Vergleich mit anderen Städten und Regionen ein akzeptabeles Angebot dar.
Natürlich kann man hier auch über weitere Verbesserungen nachdenken. Wenn man die 15 Fahrten im Monat, die ein durchschnittlicher Fahrgast im ÖPNV zurücklegt, als Grundlage nimmt, und weiterhin einen durchschnittlichen Taxipreis von 30,00 Euro pro Fahrt, dann kommt man für jeden anspruchsberechtigten außergewöhnlich Gebehinderten auf ein persönliches Geldbudget
von monatlich 450,- Euro (bisher 37,50 €)
Jährlich 5.400,- Euro (bisher 1.500,- €)
Wenn Spezialfahrzeuge der Hilfsorganisationen wie DRK, ASB, MHD, JUH, … eingesetzt werden, liegen die Beträge noch um ein Vielfaches höher.
Die Erhöhung der Gelder und der Haushaltsansätze, sowie die Frage der Einkommens- und Vermögensprüfung, können nur über die politische Schiene entschieden werden.
Die Aussicht auf Erfolg wird aber eher negativ sein, zumal bisher in der Region Hannover nur einzelne Berechtigte den bisher schon möglichen Mehrbedarf beantragt haben und somit zum Ausdruck bringen, dass sie mit dem bisherigen Budget auskommen.